16.01.2025 10:26
500. Chochete der Sitterchuchi
Es war Freitag, der 8. Mai 1970, als sich ein paar Hobbyköche das erste Mal in der Schulküche des Sandbänklis in Bischofszell trafen und gemeinsam den Kochclub Sitterchuchi gründeten. Letzten Freitag, 10. Januar, und somit sage und schreibe 499 Chocheten später, wurde das runde Jubiläum in gewohnter Manier und Umgebung gebührend gefeiert.
Bischofszell Filets «Manuela», Légumes «Fappani», Salad à l'Ölberg und Ananas mit Rahm – mit diesem Menü begann vor fast 55 Jahren die Geschichte des Kochclubs Sitterchuchi. Zu acht wurde damals in der Schulküche des Altbaus im Sandbänkli ein erstes Mal zusammen gekocht. Obwohl man dem Sandbänkli treu geblieben ist und immer noch das gleiche Konzept verfolgt wird, hat sich im letzten halben Jahrhundert doch auch einiges verändert in der Siterchuchi.
So zählt zum Beispiel der Kochclub zurzeit mit 14 nicht nur einige Mitglieder mehr, sondern auch die Kosten sind um einiges gestiegen. «Die Eintrittsgebühr zur Bezahlung von Anschaffungen betrug damals 20 Franken. Pro Kochabend mussten wir 6 Franken fürs Essen und Trinken bezahlen – selbstverständlich alles in bar», erinnert sich Gründungsmitglied Albert Anhorn. Und von diesen knapp 50 Franken sei jeweils sogar noch etwas übrig geblieben, was in gelegentliche Ausflüge und zur Pflege der guten Beziehungen zum Gastgeber investiert worden sei: «Der Kochlehrerin legten wir jeweils freiwillig 5 Franken für allfällige Schäden auf den Pult.»
Inspiration aus dem Nachbardorf
Den Namen «Sitterchuchi» verdankt der Verein ohne Statuten seinem Pendant in Kradolf, verrät Albert Anhorn: «Erwin Schneider, Franz Exer und ich kochten einige Jahre in der 'Thurchuchi' in Kradolf. Von verschiedenen Bischofszellern wurden wir angefragt, ob ein Männerkochclub in unserem Städtchen nicht auch möglich wäre.» Wie sich herausstellte, war dies durchaus möglich. Und so kam es, dass man sich am vergangenen Freitag bereits zum 500. Mal zum gemeinsamen Kochen traf.
Gekocht wird in der Sitterchuchi in der Regel neun Mal pro Jahr. Die Valentins-Chochete und ein Grillfest im Sommer dienen jeweils dazu, die besseren Hälften der Köche zu bekochen und so das Verständnis für das Hobby in der Ehe sicherzustellen. Bei jeder Chochete übernimmt ein anderer Hobbykoch das Zepter und bereitet vorgängig alles vor, um gemeinsam in der Schulküche im Sandbänkli einen Dreigänger zu kochen. Somit liegen an jeder Chochete die Rezepte und dafür benötigten Zutaten bereit, so dass in kleinen Grüppchen «nur» noch gekocht werden muss. Oftmals ist das Menü saisonal inspiriert und dem Verantwortlichen nicht unbekannt. «Zum guten Glück habe ich das Dessert vergangene Woche zu Hause schon einmal gekocht, denn sonst wäre das wohl nicht gut gekommen», meint Jakob Fitze während der Jubiläums-Chochete, bei welcher der Ablauf etwas anders war als gewöhnlich und sich jeweils einzelne Köche um das Vorbereiten und die Zubereitung eines der sieben Gänge kümmerten.
Das Gala-Menü beinhaltete nebst einem Apéro mit Lillet-Berry und Crackern eine Schaffhauser Rieslingsuppe, einen Wintersalat in Chicorée Schiffchen, Lachstatar im Löffel, Kalbssteak mit Morchelsauce, Müller-Thurgau-Risotto, Zucchinitürmchen und Tomaten provencale sowie Marronimousse mit Zwetschgen zum Dessert. Das Menü mundete bestens und stiess auf grossen Anklang. Dies sei bei den meisten bisherigen Chocheten auch der Fall gewesen, obwohl keine gelernten Köche unter den Vereinsmitgliedern sind. Zumindest keine im Zivilleben, verrät Klaus Stürm, der seit 1985 bei der Sitterchuchi mitkocht: «Ich war Fourier im Dienst und habe schon mit einer Küchenmannschaft von 14 Mann für eine Truppe von rund 400 Leuten gekocht. Ich habe so viel gekocht im Dienst, dass ich eigentlich mehr Küchenchef als Fourier war.»
Klein, aber fein
«Die einzige Person, die immer dabei war, ist Albert. Aber wahrscheinlich hat auch er ein-, zweimal gefehlt», erzählt Peter Labhart, der seit 1987 Vereinsmitglied ist, kurz vor dem Anstossen aufs runde Jubiläum. «Ich habe genau zweimal gefehlt: Einmal war ich krank und einmal war ich mit der Klasse im Skilager», konkretisiert der ehemalige Reallehrer Albert Anhorn die Aussage umgehend. Aber Albert Anhorn weiss nicht nur über seine persönliche Mitgliedschaft bestens Bescheid, sondern sammelt auch sonst alle wichtigen Informationen zur Sitterchuchi. Darum gibt es heute ein Onlinearchiv, in dem alle Rezepte zu den 500 Menüs seit der ersten Chochete abrufbar sind. Und wohl darum weiss man überhaupt, dass ein solch grosses Jubiläum gefeiert werden darf.
Obwohl die Platzverhältnisse in der Schulküche ziemlich begrenzt sind, schafften es die Hobbyköche von der Sitterchuchi letzten Freitag dennoch, eine festliche Atmosphäre zu schaffen. Für die Deko mit Sitterchuchi-Tischsets und einer Menükarte inklusive der Gründungsgeschichte der Sitterchuchi war Albert Anhorn verantwortlich, was Peter Labhart mit einem Extra-Applaus würdigen wollte: «Ich hoffe, dass ich auch noch solche Arbeiten erledigen kann, wenn ich einmal 87 bin.»
Da die Freude am gemeinsamen Kochen bei den Köchen der Sitterchuchi beim Zubereiten der verschiedenen Gänge offensichtlich ist, wurde in einer Selbstverständlichkeit auf die nächsten 500 Chochete angestossen. Viel ändern wird sich bei der Sitterchuchi wohl nicht in den kommenden Jahren, denn aufgrund der Auslegung der Schulküche mit vier Küchen für vier Personen, sind nur noch zwei Plätze frei im Verein.
Zum Schluss noch ein Vorschlag des Autors: Da die Entstehungsgeschichte der Sitterchuchi eng mit der Thurchuchi verbunden ist und auch in Kradolf weiterhin mit viel Leidenschaft gekocht wird, wäre es höchste Zeit für ein Treffen der beiden Männerkochclubs, eine Zusammenfluss-Chochete sozusagen. Bei einer solchen wäre nicht nur die Örtlichkeit schon vorgegeben – am Zusammenfluss von Sitter und Thur in Bischofszell – sondern sie hätte auch den Vorteil, dass die Platzverhältnisse für einmal eine Chochete mit mehr als 16 Mann erlauben würden. Denn Sitzgelegenheiten hat es zuhauf am Flussufer und auch das Organisieren von ein paar Gabeln, Messern und Tellern mehr wäre mit Sicherheit ein Kinderspiel für die eingefleischten Hobbyköche der Oberthurgauer «Flusschuchene».
Von David A. Giger