14.02.2025 09:49
Faszination Klemmbausteine
Obwohl sie den meisten unter dem Namen «Lego» bekannt sind, reicht das Universum der Klemmbausteine weit über die Produkte des dänischen Spielzeugherstellers hinaus. Den meisten der rund 5400 Besucher:innen am vergangenen Wochenende im Kornhaus Romanshorn dürfte dies jedoch so lang wie breit gewesen sein.
Romanshorn Wer am vergangenen Samstag oder Sonntag zu Besuch bei der Lego-Fan-Ausstellung im Kornhaus war und es schaffte, seine Aufmerksamkeit gelegentlich weg von den eindrücklichen Klemmbaustein-Kreationen zu richten, dem muss es auch aufgefallen sein: Starre Blicke umrandet von konzentrierten Gesichtszügen, wo man nur hinschaut. Verantwortlich für diese hypnotisiert zu scheinenden Bewunderer zeichneten sich Kunstwerke, die mit viel Hingabe von Lego-Freunden kreiert wurden.
Lego gibt es seit bald einem Jahrhundert. Die Firma wurde 1932 in Dänemark gegründet und schreibt seither eine Erfolgsgeschichte nach der anderen in der Spielzeugwelt. Kein Wunder, denn der Firmenname ist vom dänischen «leg godt» abgeleitet, was so viel wie «spiel gut» bedeutet.
Doch Lego ist nicht gleich Lego. Darum wurde wohl erst das Wort «Klemmbaustein» erfunden, das sich übrigens nicht einmal im Duden findet. Denn «Lego» ist eine geschützte Wortmarke und nicht einfach eine Bezeichnung für eine Art von Spielzeug. Dies mussten schon einige Produzenten von Konkurrenzprodukten und Youtube-Videos in Erfahrung bringen, die für den Missbrauch des Markennamens rechtlich belangt wurden.
Zum guten Glück spielte diese Problematik bei der BriXpo-Ausstellung im Kornhaus keine Rolle. Denn ob ein U-Boot, Riesenrad, Dinosaurier, Schneemann oder Sessellift aus originalen Legos oder doch aus Klemmbausteinen gebaut wurde, machte wohl für die grosse Mehrheit der Besucher:innen keinen Unterschied. Dafür führte die eigene Ungeduld aufgrund des riesigen Andrangs auf die Ausstellung bei einigen Kindern zu anderen kleinen Problemen. «Wieso bleiben die da vorne so lange vor dem Tisch stehen? Ich will mir die Sache auch anschauen», meinte ein junges Mädchen aus der zweiten Reihe zu ihrem Vater. Eine Antwort von ihm war nicht nötig, da sich just in dem Moment die Möglichkeit eröffnete, zwei Schritte nach vorne zu schreiten und das Objekt der Begierde aus nächster Nähe zu betrachten.
Eine Welt für sich
Wer am vergangenen Wochenende das Vergnügen hatte, die BriXpo-Ausstellung im Kornhaus zu besuchen, der wird mit Sicherheit einige Eindrücke mit nach Hause gebracht haben. Denn die verschiedenen Ausstellungsobjekte ermöglichten es, in ganz unterschiedliche Miniatur-Welten einzutauchen. Ob Piraten, Freizeitpark, Ghostbusters, Star Wars oder Jurassic Park - die Vielfalt an unterschiedlichen Themengebieten war beeindruckend. So beeindruckend, dass ganz viele kleine Kinder von ihren Eltern «gezügelt», sprich an der Hand durch das Spielparadies geführt werden mussten. Die überall aufgestellten Schilder mit der Aufschrift «Anfassen verboten» waren nämlich keine Abschreckung für viele durch Faszination angetriebene Kinderhände. Wahrscheinlich lag es nicht einmal daran, dass im Vorschulalter Lesen noch kein Thema ist, sondern einfach an einer natürlichen Neugier, die durch bunte Farben, attraktive Formen und allerlei Lichter energisch geweckt wurde.
So überraschte es überhaupt nicht, dass immer wieder einmal ein «Nicht anfassen» zu hören war, das von einem Elternteil an den Nachwuchs gerichtet war. Und wenn die bestimmt geflüsterte Aufforderung doch missachtet wurde und es zu viel Kontakt zu den Ausstellungsobjekten gab, schaffte die tatkräftige elterliche Fürsorge schnell und unauffällig wieder für die geforderte Distanz.
Dass es allen Grund gab, sich von den Modellen angesprochen zu fühlen, steht ausser Frage. Und dies nicht nur für Kinder. Denn gewisse MOCs – die Bezeichnung für Eigenkreationen, angelehnt an den englischen Begriff «My Own Creation» - waren erstaunlich. So zum Beispiel ein Pistenbully, der aus exakt 4938 Einzelstücken besteht und in rund 90 Stunden zusammengesetzt wurde. Solche Modelle dürften vor allem die Herzen von AFOLs höher schlagen lassen - wenn man dem Glossar auf der BriXpo-Webseite Glauben schenken darf: «Die Abkürzung für Adult Fan of Lego. Das beschreibt erwachsene Fans, die trotz ihres Alters (oder vielleicht gerade deshalb) noch immer eine grosse Leidenschaft für Klemmbausteine haben.»
In diesem Glossar werden noch ganz viele andere Begriffe aus dieser speziellen Welt erklärt, von SNOT über LUG bis hin zu WIP und PAB. Dass solche Begriffe definitiv nicht zum Standardvokabular von Normalbürgern gehören, wird ebenfalls klar gemacht: «Für alle, die in die Welt der Klemmbausteine eintauchen möchten, aber beim Lesen von Foren, Blogs oder beim Hören von Gesprächen auf Ausstellungen nur Bahnhof verstehen – hier ist unser ultimativer Guide!»
Wer also noch tiefer in die Welt der Klemmbausteine eintauchen will, dem sei ein Besuch der Webseite empfohlen. Sehr interessant sind dort auch kritische Ausführungen über das spezielle Hobby. So wird zum Beispiel den Fragen nachgegangen, ob man sich als AFOL heutzutage schämen müsse, was Markenloyalität bedeutet und mit welchen anderen Vorurteilen Lego-Fans sonst noch zu kämpfen haben. Antworten auf viele Fragen liefern die Mitglieder der Gemeinschaft im Beschrieb ihrer Mission: «Bei BriXpo glauben wir, dass hinter jedem Baustein eine Geschichte steckt. Wir sind ein leidenschaftliches Team von Kreativen, Baumeistern und Träumern, die sich zusammengeschlossen haben, um aussergewöhnliche Erlebnisse zu schaffen, die die Fantasie anregen und Gemeinschaften zusammenbringen.»
Legos sind ein Besuchermagnet
Der Andrang an bestimmten Ausstellungstischen war so gross, dass man sich in Geduld üben musste, um einen Blick aus nächster Nähe auf die Raketen, Raumschiffe, Schlösser und ganze Lego-Welten zu erhaschen. Und auch in der Spielecke herrschte Hochbetrieb. Denn dort konnte nicht nur nach Lust und Laune in Kisten voll von Legos nach den passenden Bausteinen «gebuddelt» werden, um eine Vision in die Realität umzusetzen, sondern man konnte sich auch bei einem Wettbewerb messen. Bei diesem musste man aus exakt 20 Steinen ein Modell bauen, ein Foto von diesem schiessen und dieses an die Veranstalter weiterzuleiten. Zu gewinnen gab es – wie könnte es anders sein – verschiedene Bausätze von Lego.
Dass die Lego-Fan-Ausstellung nicht nur den Besucher:innen viel Freude machte, sondern auch den Organisatoren, ist bei einem solchen Andrang nicht verwunderlich. «Sensationell! Ich wäre mit 1000 Ticketverkäufen zufrieden gewesen», sagte Hausherr Peter Schnückel, der als Geschäftsführer der Kornhaus AG das Ganze in die Wege geleitet hat und fleissig an der Kasse mitarbeitete. Trotz des unerwartet grossen Andrangs habe das Organisatorische doch bestens geklappt, so dass es kaum zu Wartezeiten an der Kasse gekommen sei. «Es wäre doch eine Überraschung gewesen, wenn die BriXpo-Ausstellung bei uns nicht erfolgreich gewesen wäre. Doch mit rund 5400 verkauften Tickets hätte ich niemals gerechnet», freute sich der sichtlich zufriedene Gastgeber.
Von David A. Giger