06.06.2025 08:57
Das Wahrzeichen von Egnach
Dass die Luxburg in Egnach steht, gehört in der Region zum Allgemeinwissen. Dass das imposante Bauwerk am See für das Dorf aber weit mehr ist als nur ein Zeitzeugnis, beweist eine grosse Schar Freiwilliger, die sich seit Jahren unermüdlich dafür einsetzt, aus der Luxburg ein Egnacher Wahrzeichen für alle Zukunft zu machen.
Egnach Letzten Freitagabend, 30. Mai, bot sich Gästen erst zum vierten Mal die Möglichkeit, im neu eröffneten Bistro in der Luxburg einzukehren. Lange habe es gedauert, bis die Bewilligung erteilt wurde und man mit der Zwischennutzung der Luxburg beginnen konnte, erklärt Markus Schmid, Präsident des Vereins Schloss Luxburg: «Aufgrund von Einsprachen und feuertechnischen Fragen dauerte das Baubewilligungsverfahren rund zwei Jahre. Doch wir hatten den Schnauf, dies durchzuziehen.»
Noch viel mehr Schnauf wird es brauchen, um die Vision umzusetzen, die sich die Unterstützerinnen und Unterstützer der Luxburg für die Zukunft ausgemalt haben. «Unser Ziel ist es, die Luxburg zu einem Boutique Hotel mit 18 Zimmern und 2 Ferienwohnungen zu machen», sagt Stephan Tobler, Präsident der Schloss Luxburg AG. Ein Gesamtkonzept für die Sanierung sei bereits in Arbeit und auch die finanzielle Situation sehe erfreulich gut aus, denn gehöre man nicht nur zu den Profiteuren von der Auszahlung der TKB-Millionen, sondern habe auch vom Kanton und verschiedenen Stiftungen die Zusage für Unterstützung erhalten.
Doch diese Zuversicht liegt nicht nur an den guten Zahlen, sondern vor allem wohl auch an der breiten Unterstützung für das Projekt in der Bevölkerung, von Privatpersonen und vom Gewerbe. Bildhaft zeigt dies das wie neu aussehende schmiedeeiserne Tor bei der Zufahrt zur Luxburg, das erst kürzlich für 35'000 Franken komplett saniert wurde. Denn dank drei grosszügiger Sponsoren beliefen sich die Kosten für die Organisation Luxburg auf null. «Wir haben darum die Hoffnung, dass wir auch künftig hin und wieder jemanden antreffen werden, der die Finanzierung eines Teilprojekts übernehmen wird», sagt Vereinspräsident Markus Schmid.
Es ist also durchaus möglich, dass ein Kapitel der Geschichte der Luxburg nach einem Jahrhundert wiederbelebt wird. Denn im Jahr 1929 sei der Luxemburger Schriftsteller Norbert Jacques Gast in der Luxburg gewesen – die mit Sicherheit schon damals als Boutique Hotel durchgegangen wäre – und habe dort wohl auch an Dr. Mabuses Kriminalkarriere gearbeitet. Dass es tatsächlich eine Wiedereröffnung nach genau 100 Jahren wird, ist jedoch eher unwahrscheinlich, meint Stephan Tobler: «Wir hoffen, dass wir das Boutique Hotel in einigen Jahren eröffnen können.»
Drei im Bunde
Wer nicht vertraut mit dem Konstrukt ist, das die Luxburg vor ein paar Jahren aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt hat, kann schnell den Überblick verlieren. Denn es gibt nicht nur einen Verein und eine AG, sondern auch eine Stiftung. Insgesamt tragen gegen 450 Menschen die drei Säulen des Projekts. Über 60 von ihnen engagieren sich regelmässig im Verein und schauen, dass der Garten schön gepflegt und die Infrastruktur auf Vordermann gehalten wird. «Alle Engagierten arbeiten bei uns in Fronarbeit – und dies auch im Bistro. Alles Geld fliesst zurück ins Projekt», erklärt Markus Schmid.
Dass diese Aufstellung funktioniert, zeigt nicht nur der Umstand, dass der Verein weiter am Wachsen ist, sondern auch wie harmonisch alles zu und her zu gehen scheint. «Wir haben alle Plausch an unserem Engagement. Und dass die Verantwortung durch die drei Gremien auf verschiedene Schultern verteilt ist, trägt das Seinige dazu bei», ist Stephan Tobler überzeugt.
Doch auch die Verbundenheit mit Egnach spiele eine entscheidende Rolle, ist Stephan Tobler überzeugt. In der Gemeinde Neukirch-Egnach sei vieles Neukirch-lastig. Die Kirche, die Gemeinde und Mehrzweckgebäude seien alle in Neukirch, obwohl in Egnach der grössere Teil der Bevölkerung der politischen Gemeinde lebe, sagt der ehemalige Gemeindepräsident Egnachs: «Wir haben nicht einmal ein Versammlungslokal bei uns in Egnach. Darum ist es unsere Hoffnung, in der Luxburg einen neuen Egnacher Treffpunkt zu kreieren.»
Auf Entdeckungsreise
Dass die Luxburg eine solch breite Unterstützung in der Bevölkerung geniesst und sie immer wieder neue Gäste anzieht, rührt garantiert auch von ihrer illustren Geschichte her. Denn die Luxburg war in ihrer Vergangenheit nicht nur ein Wasserschloss und Landwirtschaftsgut, sondern beinahe auch ein Institut für Atomkernspaltung. Aus dieser Zeit stammt die imposante Wendeltreppe auf der Rückseite der Luxburg, die damals aus feuerschutztechnischen Gründen angelegt werden musste. Und auch Bruno Stefanini, der Winterthurer Selfmade-Milliardär, in dessen Besitz sich das Schloss fast 50 Jahre lang befand, trug das Seinige dazu bei, dass die Luxburg einen geradezu mystischen Charakter erhalten hat. Denn während vieler Jahre habe nur eine Haushälterin im Schloss gewohnt, erzählt Stephan Tobler: «Die Luxburg war früher ein absolutes Tabu – ausser der Feuerwehr durfte niemand rein. Und das hat dazu geführt, dass es viele furchtbar Wunder nahm, was es mit der Luxburg auf sich hat.»
Auch jetzt ist noch vieles an der Luxburg sagenumwoben. Und bei einer Führung stellen sich einem immer wieder Fragen. Wieso hat der Turm der Luxburg genau 99 Stufen? Wieso hat es in fast jedem Zimmer ein Lavabo? Und wieso steht im Garten eine total überwachsene FLAB-Kanone?
Um nur eine Sonderheit von vielen zu nennen, sollen hier noch kurz die Dauergäste erwähnt werden, die es sich auf dem Dach neben dem Glockentürmchen gemütlich gemacht haben und so zu einer Art Maskottchen geworden sind. Denn Familie Storch zahlt nicht nur keine Miete, sondern sorgt mit dem ständigen Ausbau des eigenen Heims sogar für regelmässige Zusatzkosten, erklärt Markus Schmid: «Wir müssen zweimal jährlich die Dachrinnen vom Material reinigen lassen, das sich vom Storchennest löste.» Zumindest sei das Dach ansonsten in einem sehr guten Zustand, da eine Komplettsanierung erst einige Jahre zurückliege.
Wer nach dem Lesen dieser Zeilen von der Neugier gepackt ist, der hat am Samstag, 14. Juni, die Möglichkeit, diese zu stillen. Am Tag der offenen Tür gibt es nicht nur kostenlose Führungen ohne Anmeldung, sondern auch das Bistro wird wieder Leben ins Schloss bringen. Mit etwas Wetterglück ist dann auch ein passender Abschluss des Schlossbesuchs möglich. Denn wer bei einem Schlossbier oder einem Storchenbiss über die Geschichte und Zukunft der Luxburg sinniert, fühlt sich selbst fast wie ein Schlossherr.
www.luxburg.ch
Von David A. Giger