19.02.2024 10:58
Eishockey-Nachwuchs schätzt Oberthurgauer Eis
Letztes Wochenende standen sich im Eissportzentrum Oberthurgau (EZO) in Romanshorn die U16-Nationalmannschaften von Lettland, der Slowakei und der Schweiz gegenüber. Dass sich die besten Eishockey-Nachwuchsspieler auf Oberthurgauer Eis messen, ist keine Seltenheit mehr, sondern fast schon Normalität.
Romanshorn Seit letzten Mittwoch, 7. Februar, weilten die U16-Eishockeynationalmannschaften von Lettland, der Slowakei und der Schweiz in Romanshorn zu einem Trainingslager und Vierländerturnier. «Eigentlich sollte auch Belarus am Turnier teilnehmen. Doch da dieses vom Verband gesperrt wurde, treten wir mit zwei Mannschaften an», erklärt «Chrigel», der Materialchef der Schweizer.
Dass sich die internationale Elite des Eishockeynachwuchses immer wieder in Romanshorn trifft, kommt nicht von ungefähr, sondern gehört zu einem Gesamtkonzept, das Gregor Müller, der Inhaber und CEO der EZO Eissportzentrum Oberthurgau AG in den letzten Jahren auf die Beine gestellt hat: «Regionale Eishallen sind betrieblich teilweise mit über 500'000 Franken jährlich höchst defizitär. Wir haben jedoch einen Betriebsdefizitbeitrag von maximal 120'000 Franken und mussten darum Wege finden, um mehr Einnahmen zu generieren und gleichzeitig ohne Qualitätseinbussen die Kosten drastisch zu senken.» Denn obwohl die Eishalle der Gemeinde Romanshorn gehört und sie zusammen mit den Oberthurgauer Gemeinden die 120'000 Franken begleicht, sei die Betriebs AG nur mit konsequentem wirtschaftlichen Geschäften tragbar: «Wir sind ein familiär geführtes Unternehmen, bei welchem die Mitarbeiterleistungen jederzeit wichtig sind, damit die Mosaiksteine von Restaurant, Unterkunft und Eishalle bestens zusammen funktionieren.»
Ein Mosaikstein seien aber auch die regionalen Eishockeyvereine, die das EZO als ihre Heimstätte haben: «Die Eishalle wurde im Jahr 2001 unter anderem gebaut, um den Pikes Oberthurgau ein Zuhause zu geben. Jetzt beheimaten wir fünf Vereine, die unsere wichtigste Basis bilden.» Zu diesen gehören nebst Vereinen der Thurgauer Hobby Liga auch die U15 und U20 der Young Lions, die Nachwuchsmannschaften des HC Thurgaus.
Weitere Mosaiksteine sind das öffentliche und schulische Eislaufen sowie Anlässe, wie das Dreiländer-Turnier vergangene Woche, sagt Gregor Müller: «Bei uns finden rund 40 Trainingslager pro Jahr statt. Viele kommen wieder, da sie wissen, dass bei uns die Dienstleistungen, wie das Essen, die Eisqualität, aber vor allem auch die Organisation stimmen.» Diese Trainingslager und Turniere seien es auch, die der Region Oberthurgau einen grossen Mehrwert bringen. Denn die 54 Betten, die es im EZO selbst hat, reichen bei Weitem nicht, um alle Teilnehmer an einem internationalen Nachwuchsturnier unterzubringen. «Tausende von nationalen und internationalen Gästen kommen wegen Veranstaltungen im EZO jährlich in die Region Oberthurgau und lassen den Tourismus in verschiedensten Bereichen jubeln. Die Wertschöpfung für die Region ist jährlich jeweils weit über eine halbe Million Franken», so Gregor Müller.
Das Eis zählt
Das A und O für eine funktionierende Eishalle sei gutes Eis und eine gute Lüftung. Während das Erste selbsterklärend ist, werde die Wichtigkeit der Lüftung gerne unterschätzt, erklärt Gregor Müller: «Ohne Lüftung würden die Scheiben in der Halle ganz schnell anlaufen und es gäbe dann auch bald Nebel. Nach einer Weile hätten wir hier dann eine Tropfsteinhöhle.»
Was jedoch massgeblich zu der Erfolgsgeschichte des EZO beitrage, sei die Qualität des Oberthurgauer Eises, ist Gregor Müller überzeugt: «Wir kriegen immer wieder Komplimente für unser Eis von Topspielern und Experten. Wir haben wohl die ideale Kombination von Eisdicke und Wirtschaftlichkeit gefunden.» Grundsätzlich wirke sich die Dicke des Eises ausserordentlich stark auf die Energiekosten aus. Wie dick genau das Eis im EZO ist, will Gregor Müller nicht verraten: «Das ist ein Betriebsgeheimnis. Doch Eis ist immer den Gegebenheiten entsprechend, normalerweise zwischen zwei und fünf Zentimeter.»
Dass diesem Eis auch Sorge getragen werden muss, ist selbstverständlich. Verantwortlich hierfür sind die Eismeister: «Wir haben drei Eismeister, insgesamt 280 Stellenprozente. Sie haben die Aufgabe, für ein Top-Eis zu sorgen und das hohe Niveau aufrechtzuerhalten.» Unterstützt werden sie bei ihrer Arbeit von einer elektrischen Eismaschine, wie der Chef-Eismeister verrät: «Die Eismaschine wiegt leer 5,3 und voll 6,4 Tonnen. Die Batterie alleine wiegt 1,6 Tonnen, reicht aber auch für 27 Eisreinigungen von jeweils rund 10 Minuten.»
In Romanshorn gebe es während rund zehneinhalb Monaten Eis. Von Ende März bis Mitte Mai werde dann aber aus dem EZO eine Baustelle, sagt Gregor Müller: «Dann ist Zeit zum richtig Putzen, Sanieren und Renovieren.»
Kein Ponyhof
Obwohl die U16 die jüngste Nachwuchs-Nationalmannschaft der Schweiz ist, geht es auf dem Eis am Freitagnachmittag, 9. Februar, nicht zimperlich zu und her. «Checken ist nur bei den Frauen verboten. Es wäre nicht gut, wenn dies auch hier der Fall wäre», erklärt Nati-Materialchef «Chrigel». Gegen den heutigen Gegner Lettland sei der Körpereinsatz zwar nicht das wichtigste, ganz anders sehe die Sache jedoch bei zwei anderen Mannschaften aus: «Auf die Welt kommen die Spieler meistens beim ersten Spiel gegen Tschechien oder Russland. Dort geht ohne vollen Körpereinsatz überhaupt nichts.»
Das Spiel am Freitagnachmittag zwischen der ersten Mannschaft der Schweiz und Lettland ist bis zum Ende des zweiten Drittels ausgeglichen, es steht 2 zu 2. Erst im letzten Drittel nutzen die Schweizer ihren Heimvorteil und schiessen drei weitere Tore. «Die U16 war in den letzten Jahren unsere beste Nachwuchsmannschaft. Sie kann international definitiv mit den Stärksten mithalten», erklärt Chrigel. Wieso es bei den Älteren dann nicht mehr so rosig aussehe, sei schwierig zu erklären. Er glaube jedoch, dass es vor allem an einer anderen Mentalität liege: «Die Staaten des Ostblocks haben ein ganz anderes Denken als wir. Junge Spieler können dort voll auf die Karte Eishockey setzen und müssen nicht noch eine Ausbildung in Form einer Lehre oder einer Matura machen.»
Gregor Müller ist trotzdem der Meinung, dass beim Nachwuchs vieles richtig gemacht werde in der Schweiz: «Die Schweizer Hockey Ausbildung ist hervorragend. Die Strukturen in der Nachwuchsarbeit sind extrem professionell.» Nur so sei es zu erklären, dass immer mehr Spieler den Sprung über den Grossen Teich schaffen würden und in der NHL, der stärksten Liga der Welt, für Aufsehen sorgen würden: «Das Scouting in der Schweiz ist schon wahnsinnig gut. Wenn ein junger Spieler das Potenzial hat, dann wird er mit Sicherheit entdeckt.»
Unternehmer mit Herz und Seele
Wenn man einige Zeit mit Gregor Müller im EZO verbringt, dann merkt man sehr schnell, dass er die Schaltstelle ist, bei der alle Fäden zusammenlaufen. Er ist ständig am Kommunizieren, mit dem Koch, mit dem Eismeister oder dem Materialchef der Nati. Das Handy ist stets bereit und seine zwei Laptops auch immer in Griffnähe – selbst dann, wenn eigentlich Zeit zum Entspannen wäre: «Ferien sind vielfach nur Ortswechsel, die Homeoffice-Infrastruktur ist immer dabei und wird überall auch täglich gebraucht.»
Doch genau diese unternehmerische Herausforderung, aus einem vielerorts hoch defizitären Geschäft ein tragbares zu machen, scheint der Grund zu sein, wieso er vor bald acht Jahren das Steuer des EZO in die Hand genommen hat: «Die Fäden müssen an einem Ort zusammenlaufen, denn bei uns gibt es gute Strukturen, aber keine Bürokratie. Und diese kurzen Kommunikationswege sind es, die von vielen unserer Gäste sehr geschätzt werden.»
Zu diesen Gästen zählen auch viele bekannte Namen aus der Hockeywelt. Denn kennen tut Gregor Müller sehr viele – die meisten aus seiner langjährigen Tätigkeit beim Hockeyverband, einige aber auch als Gäste und aus Trainingslagern im EZO: «Das Package bei uns stimmt einfach. So können sich die Gäste auf das Wesentliche, das Eishockey spielen, konzentrieren.»
Erstaunlich ist bei dem ganzen Eishockey tagein, tagaus, dass Gregor Müller nur äusserst selten Hockey schaut. Er habe einfach kaum Zeit dazu und ändern würde es an seinem Alltag sowieso nur wenig: «Hockey ist mein Leben – ob ich's will oder nicht.»
Von David A. Giger